Stadt Leipzig rettet besondere Bauprojekte – auch Großvorhaben in Connewitz

Ob ein Wohnensemble am Connewitzer Herderplatz oder Holzhäuser in Kleinzschocher und Reudnitz – die Stadt Leipzig will zeigen, wie neue Häuser heutzutage idealerweise aussehen könnten. Mehrere Projekte wurden vor dem finanziellen Kollaps gerettet.

Der Stadt Leipzig ist es gelungen, einen Großteil ihrer Wohnungsbau-Konzeptverfahren über die aktuelle Baukrise zu retten. Auf einer Brachfläche in der Braustraße 22 beginnen nun die Arbeiten der Baugruppe HolzBrau Süd GbR. Sie errichtet sechs, zumeist sehr große Wohnungen für kinderreiche Familien. Die Einheiten mit mehr als 120 Quadratmetern lassen sich bei Bedarf (etwa wenn die Kinder groß sind) leicht in jeweils zwei Wohnungen teilen. Im Erdgeschoss des Holzgebäudes ist ein Gemeinschaftsraum vorgesehen, der auch für Veranstaltungen im Viertel genutzt werden kann.

Die Baugruppe aus der Braustraße hatte sich im Jahr 2021 bei einer Ausschreibung der Stadt für acht Grundstücke durchgesetzt. Den Siegern winkten Erbbaurechte für kommunale Flächen. Eine Jury vergab den Zuschlag an die Bewerber mit dem jeweils besten Konzept – daher der Name Konzeptvergabe. Jedoch verteuerten sich schon wenige Monate später die Investitionskosten stark, weil der Bund im Januar 2022 Fördermittel für energetisches Bauen kürzte. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kamen Zinssprünge und hohe Materialpreise hinzu. Fast alle Konzeptverfahren drohten zu scheitern. Ihre Bau- und Finanzierungskosten hatten sich plötzlich etwa verdoppelt.

Südvorstadt und Mockau besonders flott

Nur zwei Vorhaben schafften die Planung und Genehmigung so schnell, dass sie die Hürden noch aus eigener Kraft überwinden konnten. Außer der Braustraße in der Südvorstadt war das ein Vorhaben in Mockau. Im dortigen Walter-Albrecht-Weg 111-115 begann die Gruppe Cassida gGmbH vor drei Monaten mit der Entkernung eines Altbaus des kommunalen Großvermieters LWB. Geplant durch Asuna Architekten sollen nun eine Wohngemeinschaft für acht Menschen mit schweren Behinderungen, zudem weitere Wohnbereiche für Gemeinschaften und Familien entstehen.

Um möglichst viele der sechs anderen Vorhaben zu retten, beschloss der Stadtrat im Oktober 2022 einen Zuschuss von insgesamt fast 5,4 Millionen Euro. Dennoch mussten zwei Projekte das Handtuch werfen. Laut Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung (AWS) betraf das die Gothaer Straße 42 in Gohlis, wo die Gruppe Weforever auch ein Café und eine Fahrradwerkstatt plante, sowie die Wittenberger Straße 55 in Eutritzsch (gegenüber vom Traditionslokal „Lutherburg“).

Barrierefreies Holzhaus in Reudnitz

In Eutritzsch schwebte der Gruppe Wi55/Solidarisches Wohnen unter anderem eine Etage mit eigenständigem Wohnkonzept für vier geistig behinderte Jugendliche vor. Doch samt der nötigen Rücklagen wären die Kaltmieten bei 13,40 Euro pro Quadratmeter gelandet, berichtet Architekt Matthias Auspurg. „Das hätte nicht mehr zu dem Stadtviertel und auch nicht mehr zu unserem Anspruch gepasst, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“

Ihre Sonderzuschüsse verteilte die Stadt deshalb auf die übrigen vier Projekte, die trotz aller Krisen weitermachen. Zwei davon sind jüngst gestartet. So errichtet nun in Reudnitz, Cichoriusstraße 8, die Genossenschaft InklusivLEben ein barrierefreies Holzhaus mit 13 Sozialwohnungen. Zuschuss der Stadt: rund 675 000 Euro. Federführend war hier ebenfalls das Büro Asuna von Architekt Dirk Stenzel, der schon 2019 für ein Holzhaus in Lindenau den Architekturpreis der Stadt Leipzig bekam.

Gleich zwei Vorhaben in Kleinzschocher

In der Breitschuhstraße 31 in Kleinzschocher legte die Gruppe Haus im Fluss vor wenigen Tagen den Grundstein für ihren Neubau. Geplant vom Architekturkollektiv Octagon (gewann einst den städtebaulichen Wettbewerb zum Eutritzscher Freiladebahnhof) steht jetzt zumindest schon der Keller des künftigen Dreigeschossers. Hinter begrünten Holzfassaden können künftig zwölf Erwachsene und sechs Kinder wie eine Art WG zusammenleben. Zuschuss der Stadt: 1,12 Millionen Euro.

Die übrigen zwei Projekte starten 2024, hofft das AWS. Ebenfalls in Kleinzschocher – und zwar in der Breitschuhstraße 28-30 – will die WohnAlternative 50plus GmbH bis Ende März den Bauantrag für ein Holzhaus mit zwölf Wohnungen, gemeinsamer Küche und Treff im Erdgeschoss einreichen. Ihr Ziel ist vor allem ein selbstbestimmtes Leben für Senioren, die sich gegenseitig unterstützen. Baukosten inzwischen: 3,1 Millionen Euro. Zuschuss der Stadt: etwa 594 000 Euro.

Gegen Ende nächsten Jahres möchte auch die mit Abstand größte Konzeptvergabe loslegen. Auf der Fläche des früheren Kohlenhandels in der Wolfgang-Heinze-Straße 29 plant die Genossenschaft Leika 36 Wohnungen (davon 19 sozial gefördert) – inklusive einer Wohngruppe für Menschen mit Handicap in Kooperation mit dem Mobilen Behindertendienst. Leika gehe es um Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen – barrierefrei und ökologisch, betont Ricarda Kutscha von der Connewitzer Initiative.

Flexible Grundrisse und Café in Connewitz

Durch flexible Grundrisse könnten auch hier Räume leicht an sich verändernde Bedarfe angepasst werden. Unter anderem ein Nachbarschaftscafé diene auch als öffentlicher Treffpunkt. Juri Kuther von Libero Architekten (dieses Büro erhielt gerade den Leipziger Architekturpreis 2023 für den Skaterpark Grünau) hat das Gebäude jüngst noch etwas verkleinern. Ursprünglich waren 42 Wohnungen vorgesehen. Die Laubengänge in Richtung Herderplatz bleiben jedoch erhalten. Zuschuss der Stadt laut AWS: etwa drei Millionen Euro.

Alle Gruppen müssen erhebliche Eigenmittel beisteuern. Die meisten werben deshalb noch um Unterstützer, die Kleinkredite gewähren oder Genossenschaftsanteile zeichnen. Um zu helfen, hatte die Stadt bereits die Möglichkeit eingeräumt, beim Bau von Sozialwohnungen den Erbbauzins zu senken, so das AWS. „Allein die Stellschraube Bodenkosten reicht jedoch aktuell nicht aus, um Vorhaben bezahlbar und wirtschaftlich tragfähig darzustellen.“ Deshalb würden vorerst keine kommunalen Grundstücke mehr ausgeschrieben. Ob und wann neue Konzeptverfahren folgen, sei offen. Zu dem Thema wurde erst Ende Oktober eine Werkstatt mit vielen Beteiligten durchgeführt. Die Ergebnisse erhalte der Stadtrat in Kürze.